Aus Das deutschsprachige Scratch-Wiki
- → Detail zu: Bericht_vom_Scratch_Day_2013_in_Bochum_/_Hattingen#Frank_Fleschner
- → siehe auch: https://www.focus.de/digital/multimedia/forschung-und-technik-medizin-zuckerbergs-erben_aid_1008450.html
Frank Fleschner aus der Technologie-Redaktion des Focus Magazin (Printausgabe) hatte, für einen Artikel über "Kinder lernen Programmieren", Kontakt zu unserem Scratch-Wiki aufgenommen (siehe hier) und war kurzerhand unserer Einladung zum Scratch-Day gefolgt und am Vortag aus München angereist. Als Gastteilnehmer im skypebasierten Scratch Club hatte er schon einiges über die informelle deutsche Scratch Community erfahren und nach Anschauen unserer Einsteiger-Screencasts Scratch sogar schon mit den eigenen Kindern (8 Jahre) erfolgreich ausprobiert.
In Hattingen wollte er nun die Scratch Experten aber vor allem auch junge aktive Scratcher kennen lernen. Daher hatten wir am Vormittag einige aktive Teilnehmer aus dem Scratch-Kurs der MCS Juniorakademie eingeladen.
Das Thema ist in den Blickpunkt der Main-Stream-Medien gerückt u.A. durch die vielbeachtete amerikanische Code.org-Initiative (bei der z.B. Bill Gates, Mark Zuckerberg, will.i.am, Chris Bosh und andere VIP's auf YouTube berichten, wie sie persönlich als Jugendliche programmieren lernten) und durch Berichte über die Bildungspolitik in Estland - wo bereits in der Grundschule das Programmieren dazu gehört.
Natürlich ist Scratch nur eine von vielen Programmiersprachen für Kinder, die zu diesem Thema passen, u.A. hat er auch Input zu Lego-Mindstorm etc. gesammelt. Seine ersten Erfahrungen mit Scratch, die er zusammen mit seinen Kindern sammeln konnte, und unsere Scratch-Community haben ihn aber neugierig auf den Scratch Day gemacht.
hier ist sein Artikel (erschienen am 10.6.2013):
- http://www.focus.de/digital/multimedia/forschung-und-technik-medizin-zuckerbergs-erben_aid_1008450.html
- http://www.medialine.de/media/uploads/projekt/medialine/docs/bildung/fms/um2013/fms_24_2013.pdf
DISCLAIMER
...wir - die Arbeitsgemeinschaft DACH-Scratch-Wiki - nehmen an, man wird uns - als informelle nichtkommerzielle idealistische Gemeinschaft von Scratchern - die qualitative sehr einschränkte Abbildung der iPad-Version des Artikels für einige wenige Tage - nicht übel nehmen, zumal wir darin eher einen Nutzen für den Focus sehen. Falls das jedoch ein Problem ist, löschen wir die obigen Abbildungen sofort wieder (bitte Mail an mtwoll[ät]gmail[dot]com).
Langfristig wollen wir hier auf das Online-Archiv des Focus verweisen, wo - wie man uns sagte - alle älteren Artikel auf dauerhaft frei abrufbar sind. Auf jeden Fall freuen wir uns, dass durch den Artikel mehr Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrer darauf aufmerksam gemacht werden, dass Scratch eine tolle Möglichkeit ist, programmieren zu lernen.
[wiki=de:Bericht vom Scratch Day 2013 in Bochum / Hattingen/focus]Bericht vom Scratch Day 2013 in Bochum / Hattingen/focus[/wiki]
Text des Artikel aus dem Focus Archiv
Zuckerbergs Erben
- → siehe auch: https://www.focus.de/digital/multimedia/forschung-und-technik-medizin-zuckerbergs-erben_aid_1008450.html
FOCUS-Redakteur Frank Fleschner
- Montag, 10.06.2013, 00:00
Weil guter Informatik-Unterricht in Deutschland rar ist, programmieren immer mehr Schüler in ihrer Freizeit. Mit neuen Systemen gelingt das sogar Erstklässlern
Wenn ihm langweilig war, startete Utku früher ein Computerspiel. Jetzt programmiert der 13jährige Gymnasiast selbst eines – zum Beispiel den Welthit „Doodle Jump“.
Nein, Utku Pazarci aus Bochum ist nicht der Erfinder jenes Mega-Games, bei dem der Spieler eine grüne vierbeinige Figur von Plattform zu Plattform immer höher befördern muss, bis sie irgendwann danebenspringt. Der Schüler wollte lediglich wissen, ob er so etwas auch hinkriegen würde. Seit zwei Jahren experimentiert Utku in seiner Freizeit mit der Programmiersprache Scratch. Die perfekte Doodle-Jump-Kopie schuf er in einer Stunde.
Dass Kinder und Jugendliche zunehmend selbst programmieren, ist kein Verdienst des deutschen Schulsystems. Der mangelhafte Informatik-Unterricht in den meisten europäischen Ländern gefährde Bildung und Wirtschaft der nächsten Generation, warnte vergangene Woche der internationale IT-Fachverband Association for Computing Machinery. Die Situation habe sich in den vergangenen Jahrzehnten sogar verschlechtert.
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Die deutsche Branchenvertretung Bitkom fordert seit Jahren ein verpflichtendes Schulfach nach der Grundschule. Bislang ist Informatik bestenfalls Wahlpflichtfach, oder es wird lediglich an bestimmten Schulen angeboten. Doch deutsche Jugendliche profitieren immerhin von der Computerbegeisterung der Amerikaner.
Jedes Kind sollte programmieren lernen!, verkünden dort inzwischen viele Experten. Als Ende Februar Computer-Koryphäen wie Microsoft-Gründer Bill Gates und Facebook-Chef Mark Zuckerberg in einem Video der Stiftung code.org für dieses Anliegen warben, schnellte der Film innerhalb von Stunden auf Platz eins der YouTube-Hitliste.
Neue Start-up-Firmen wie Codeacademy, Treehouse und Tynker wollen Informatik-Schulungen im Internet zum Geschäft machen. Beim kostenlosen Lernportal Khan Academy, das via YouTube Unterricht erteilt, verzeichnen Computerkurse mehr als eine Million Klicks. Sogar Präsident Barack Obama wirbt um junge Software-Entwickler: Mit der elfjährigen Gewinnerin eines Microsoft-Wettbewerbs ließ er sich öffentlichkeitswirksam im Weißen Haus fotografieren.
Zwar geht es den Amerikanern in erster Linie darum, der Technologiebranche im eigenen Land neue Talente zuzuführen. Aber die Online-Kurse finden auf der ganzen Welt begeisterte Schüler.
„Die meisten werden später nicht als Informatiker oder Programmierer arbeiten“, sagt Mitchel Resnick, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) bei Boston. Aber Fähigkeiten, die sie beim Programmieren entwickelten, seien in jedem Beruf nützlich.
Resnick ist der Vordenker der neuen globalen Programmierbewegung. Am MIT leitet er die Abteilung Lifelong Kindergarten – und nach Kindergarten sieht auch die Programmiersprache Scratch aus, die sein Team geschaffen hat.
Scratch verzichtet auf das übliche Fachchinesisch aus kryptischen Befehlen mit Vorschriften für Klammern, Kommata und Sonderzeichen. Stattdessen entsteht Software aus farbigen Blöcken, die auf dem Bildschirm mit der Maus wie Lego-Steine zusammengesteckt werden. Jeder Baustein symbolisiert einen Befehl oder eine logische Operation. Programmieren wird anfassbar.
Grundschüler entwerfen damit nach einem fünfminütigen Einführungsvideo Programme, in denen zum Beispiel eine Katze über den Bildschirm rennt oder ein Affe auf einem Ast hüpft. Die meisten Scratcher sind zwischen zehn und 20 Jahre alt, die jüngsten laut den Statistiken des MIT erst fünf.
„Konservative Informatiker bemängeln, das sei alles viel zu einfach und tauge nicht für anspruchsvolles Programmieren“, sagt der deutsche Software-Spezialist Jens Mönig, der Scratch mit entwarf und jetzt an der Weiterentwicklung Snap arbeitet. „In Wirklichkeit steckt in den bunten Scratch-Blöcken aber das Zeug, die Informatik vom Ruch der Geheimwissenschaft zu befreien und jedermann zugänglich zu machen.“
Mehr als 80 000 Spiele und Animationen luden Nutzer zuletzt monatlich zur Scratch-Web-Seite des MIT hoch. Jeder Besucher kann sie dort ausprobieren und kommentieren. Die US-Hochschule hat damit eine Art YouTube für selbst geschriebene Programme geschaffen. Anders als auf der Videoplattform, können sich Scratch-Nutzer auch den Code hinter den Projekten anschauen, daraus lernen und ihn in eigene Projekte einbinden (Scratcher nennen das „remixen“).
Alexander Zimmer brachte sich so vor einem Jahr Scratch selbst bei. Der 13-jährige Schüler aus Oestrich-Winkel im Rheingau bastelt inzwischen professionell aussehende Spiele und lernt mühelos „erwachsene“ Programmiersprachen.
Die zwölfjährige Judith Löcke aus Paderborn programmiert, seit sie acht ist. „Mein großer Bruder bekam Roboter von Lego Mindstorms geschenkt“, erzählt sie. „Und ich wollte auch wissen, wie man die steuert.“ Derzeit gehören die Geschwister und sechs weitere Jugendliche mit ihrem Hobby zur Weltspitze: Bei den offenen europäischen Lego-Roboter-Meisterschaften im Mai kam ihr Team bis ins Viertelfinale.
Estland will die Begeisterung von Kindern für Computer nutzen, um ihnen von der ersten Klasse an Programmieren beizubringen. „Bisher haben die Jüngsten hauptsächlich gelernt, wie sie mit Microsoft Word Texte schreiben“, sagt Ave Lauringson, Projektleiterin bei der staatlich finanzierten Stiftung Tiigrihüpe (Tigersprung). „Dabei finden sie es viel spannender, ein Spiel wie Minecraft selbst zu schaffen.“
Informatik in der Grundschule? Der Didaktiker Juraj Hromkovic hat damit seit über einem Jahrzehnt gute Erfahrungen gemacht: „Jedes Schulfach soll nicht nur Wissen vermitteln, sondern zur intellektuellen Förderung beitragen“, erklärt der Professor an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Guter Informatik-Unterricht erfülle diese Vorgabe, weil die Kinder lernten, die Lösung für Probleme selbst zu finden und zu automatisieren. „Schüler vergessen schnell, wie man schriftlich multipliziert“, so Hromkovic. „Wenn sie aber selbst die Methode dafür entdecken, überprüfen und sie dem Rechner erklären, müssen sie verstehen, worum es geht.“
„Bisher waren sich fast alle Fachleute einig, dass Informatik erst nach der Grundschule sinnvoll ist“, sagt Peter Hubwieser, Informatik-Didaktiker an der TU München. „Doch die Meinung dreht sich gerade.“ Zunehmend probierten Kollegen Computer-Unterricht für jüngere Schüler aus. „Wir müssen aber aufpassen, dass wir Kinder nicht überfordern“, meint der Professor. „Wenn Computer-Unterricht schon früh negativ besetzt ist, funktioniert er auch in höheren Klassen nicht mehr.“ Derzeit sei es besser, interessierte Schüler gezielt zu fördern.
Dass der zwölfjährige Paul Geppert in seiner Freizeit ein Rollenspiel programmiert, findet durchaus die Unterstützung seines Vaters. „Er hat mir aus der Zeitung von einem Jungen vorgelesen, der sein Programm für Millionen verkauft hat“, sagt der Schüler aus Herne. Ein Anfang ist bei Paul gemacht: Die selbst gebrannte CD mit seinen Scratch-Spielen ging auf dem Flohmarkt für 2,50 Euro weg.